Dienstag, 24. April 2012

Gesprengte Ketten [John Sturges | USA 1963]


Hunderte, vielleicht tausende Kriegsgefangene beherbergt das Kriegsgefangenenlager "Stalag Luft III", eine riesige Ansammlung von Menschen, die ein Ziel verbindet: Ab nach Hause, zurück zur Familie. Und dabei scheinen es die Gefangenen zwischen all dem Stacheldraht gar nicht so schlecht zu haben, denn, wie mehrmals betont, sind die Deutschen der Luftwaffe weit weniger streng als die Gestapo oder die SS. Es folgt ein Ausflug wie auf Klassenfahrt, während der man die "Betreuer" nur zu gern reinlegen oder reizen möchte und stets an der Grenze zum Unerlaubten wandelt. Ob man nun die ständigen Ausbruchsversuche, oft weniger von Erfolg geprägt, das Enfant terrible Steve McQueen, dem nichts die Laune zu trüben vermag oder das regelrecht zum Schmunzeln veranlassende Ende her nimmt: Wie schon Billy Wilder in Stalag 17 setzt auch John Sturges auf Amüsement in Gefangenschaft, versucht vom Schrecken der NS-Zeit abzuweichen und zeigt abseits der Front und den Konzentrationslagern, dass Humor und Menschlichkeit nicht tot zu kriegen sind. Im Gegensatz zu Wilder, der zu offensiv und beinahe schon provokativ ein verdrehtes Weltbild kreierte, gelingt Sturges der rosarote Farbanstrich wesentlich besser, da er sich vor der Realität nicht verschließt und dem Zuschauer die kuriosen, wie auch grauenvollen Tatsachen dieser wahren Begebenheit nicht vorenthalten will. Ganze 172 Minuten benötigte er, um die Geschichte der Massenflucht 1944 nachzuerzählen. Beinahe drei Stunden, die zu keinem Zeitpunkt wirklich langweilig werden, denn das stetige Interesse ist der Exaktheit des Drehbuchs geschuldet. Aufs Haar genau werden uns die Wochen von der Idee, über die Planung, bis zum tatsächlichen Ausbruch geschildert. Kein Detail wird verschwiegen. Baustein für Baustein vervollständigt sich der Weg zur Freiheit mit steigender Spannung und Relevanz, lässt seine anfangs eher blassen Charaktere zur Entfaltung kommen und erreicht in der Nacht des Ausbruchs schließlich seinen unangefochtenen Höhepunkt. Die darauffolgende Flucht, geprägt von Höhen und Tiefen, ist ebenso interessant wie unterhaltsam. Wer schafft es nach Hause, wer wird wieder eingefangen? Die Kamera folgt den Hauptfiguren auf ihren individuellen Wegen zu Wasser, zu Land, zu Luft, während wilde Verfolgungsjagden mit großartigem Score untermalt werden, sodass das herrliche Gefühl eines locker-leichten Katz-und-Maus-Spiels entsteht. Gänzlich anders als die erste Hälfte des Films und dennoch so genau und detailliert wie eh und je. So wird Realität nacherzählt.

8/10

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